Abgebrochene Forschung
Zur Geschichte unvollendeter Wissenschaftsprojekte
Description:... Das Phanomen von ungeschrieben gebliebenen Buchern ist von der Literaturwissenschaft in der jungsten Vergangenheit unterschiedlich aufgegriffen worden. In vielen anderen Wissenschaftsbereichen, so auch in der Geschichtswissenschaft, hat es dagegen noch keine Beachtung gefunden. Heinz Duchhardt geht an neun Fallbeispielen aus den ersten beiden Dritteln des 20. Jahrhunderts der Frage nach, warum renommierte Historiker entgegen ihren Vorankundigungen in den ersten Banden wichtiger Werke keine zweiten Bande mehr folgen liessen, also ein Forschungsvorhaben nicht zum Abschluss brachten. Die Grunde liegen teils in den Rahmenbedingungen von Buchproduktion (Nachkriegszeiten, Probleme von Verlagen), uberwiegend aber in den Befindlichkeiten von Autoren, die vom Krieg traumatisiert worden waren, sich mit einem Systemumbruch akkommodieren mussten, von Erkrankungen heimgesucht wurden, ihr Leistungsvermogen uberschatzten oder aber ihre Forschungspraferenzen radikal umgestalteten. Dieser unkonventionelle Einblick in die Wissenschaftsgeschichte des 20. Jahrhunderts geht Geschichten vom Scheitern, von Misserfolgen und von Verlusten nach, auch in dem Sinn, dass die ausgebliebenen Bande von anderen Autoren nie mehr wirklich ersetzt worden sind. Im Einzelnen untersucht Heinz Duchhardt Standardwerke zur Antike Philosophiegeschichte (Karl Joel), zur mittelalterlichen Geschichte und zur Geschichte des Humanismus (Georg von Below, Gerhard Ritter, Paul Joachimsen), zur Geschichte der Fruhen Neuzeit (Rudolf Smend, Hans Uebersberger, Heribert Raab, Konrad Repgen) und zur Zeitgeschichte (Martin Gohring). Uber die Autoren offnet sich zugleich eine spannungsvolle Perspektive auf die Wissenschaftsstrukturen des "Zeitalters der Extreme".
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