¿Flick gut!
Panne, Blätz, Prothese: Kulturgeschichtliches zur Instandstellung
Description:... Auf den ersten Blick erscheint das Konzept des Flickens eher antiquiert. Man denkt an gewiefelte Hemdenkragen und geplätzete Hosenknies, an neu verkittete Fenster oder an frisch gestrichene Gartenzäune, vielleicht an Fleckenentferner oder Tipp-Ex. Doch genauer besehen steckt hinter dem Flickkonzept weit mehr als die handwerkliche Wiederherstellung von etwas, das einem über die Jahre meist sehr lieb geworden ist und deshalb noch möglichst lange >halten oder erhalten sein soll. Gerade durch das Flicken wird oft ein emotionaler Mehrwert (Aura) produziert, der, fern vom realen Wert, weiter tradiert wird. Flicken ist damit vielfach lohnenswert, weil der Arbeitsaufwand eben mehr als bloß ein Objekt wieder herstellt. Das Konzept des Flickens orientiert sich an der Funktionalität und nimmt Bezug auf das Konzept der natürlichen Harmonie, dem antikischen Konzept von Schönheit, Güte und Wahrheit. Wo geflickt werden muss, ist dieses (vor allem visuelle) Konzept beeinträchtigt, hat Beulen, Dellen, Schrammen, Risse. Die Wiederherstellung ist also der Motor, (ästhetische) Harmonie wieder zu erreichen. Dass es dieses Ideal kaum gibt, beeinträchtigt dabei den Impetus, es zu erreichen, nicht. Geflickt wird also im Hinblick auf etwas Ganzes, Unversehrtes, in sich Ruhendes und Funktionierendes hin - auf ein Ideales, das zwar nicht erreicht, aber angenähert werden kann. Dabei kann die Perspektive entscheidend sein: Zeigt sie in Richtung Wiederherstellung des vorhandenen Schadens (Reparaturwerkstätten mit je ihrem eigenen Fundus an Ersatzteilen, Wissen und Werkzeugpark) oder nimmt sie den Schaden zum Anlass, etwas Neues zu gestalten (Flickenteppich, Recycling).Welche Flicktechniken anzuwenden sind, wer die Narben am unsichtbarsten herzustellen im Stande ist, wie Flickflecken, Pannen, Schäden nachhaltig ausgebessert werden können, wo Unterhalt und Flicken vor dem Notstand ratsam sind, all dies sind Aspekte, die in dieser Publikation illustriert und erörtert werden. Dabei reicht die Palette vom reinen Notbehelf, z.B. mit einem Ast eine offene Baugrube zu markieren, über digitale Utilities, verlorene Daten zu reparieren, bis hin zum Facelifting und Bodywork, wo Flickwerk mehr als bloß Retusche ist, nämlich de facto eine Neukonzeptionierung der menschlichen Identität. Die Publikation spürt diesem Phänomen des Flickens in einer möglichst großen Bandbreite nach. Dabei werden neben reichlichem Bildmaterial aus den Bereichen Bau/Urbanität, Alltag/Handwerk, Ideologie/Religion, Medizin/Prothetik die gesellschaftlichen und philosophischen Bezüge anhand einer abecedarischen Enzyklopädie veranschaulicht. M. Vänçi Stirnemann (*1951), hat organisiert im Kunstbereich, Fluxus und Collaborative Expanded Performance, Collaborative Cultural Performance, Copy-Art, Performance, Mitglied von verschiedenen Performance-Gruppen. Initiator des internationalen www.artist-trading-cards.ch-Projekts. Organisator von Performance-Reihen und Ausstellungen im In- und Ausland. Verleger von circa 300 Kleineditionen (Copy-Left Editions).Geflickt: mehrfach nach Autounfall, dann einige Geringfügigkeiten wie Armbruch, verschiedene Hirnerschütterungen, Blutvergiftungen und andere Updates, und dann wurde noch eine Diskushernie operiert.Publikationen (Herausgeber/Mitherausgeber): u.a. documenta 8: city souvenir; feed back and forth: more to follow; Ach & Krach: Enzyklopädie auf die 90er Jahre; ETC.: pseudo durch & durch
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