Abaellino, Rinaldini und Konsorten
zur Geschichte der Räuberromane in Deutschland
Description:... Um 1800 etabliert sich zusammen mit einer sich autonom erklärenden Dichtung die moderne Unterhaltungsliteratur. Im Gegensatz zur bisherigen Praxis wird dieser Prozeß hier aus der Perspektive der Unterhaltungsliteratur beschrieben. Gegenstand der Untersuchung ist der romantische Räuberroman, der seit Zschokkes "Abaellino" (1794) und Vulpius' "Rinaldo Rinaldini" (1799) bis in die 1840er Jahre zu den populärsten Genres der deutschen Literatur zählte. Auf breiter Quellenbasis wird dargestellt, wie die Entstehung und das Zusammenspiel von 'Viel- und Geschwindschreibern', einem 'ungebildeten Publikum' und einem 'spekulierenden' Buchhandel die Bedingungen für den Erfolg des Genres schaffen. Neben den soziostrukturellen Voraussetzungen literarischer Kommunikation ändert sich auch die Semantik: In der Kriminalliteratur des 18. Jahrhunderts führt der Weg von den heroischen Bösewichtern der "Schafottdiskurse" (Foucault) über die unglücklichen Mörder spätaufklärerischer Kriminalgeschichten zu den edlen Räubern der Romane. Als "Rächer der unterdrückten Menschheit" leiden sie zugleich am Verlust eindeutiger Identität, d.h. an der Paradoxie, die sie verkörpern. Weder in der menschlichen Gesellschaft noch bei den Banditen in den Wäldern ist der 'edle Räuber' zuhause. Im Rückgriff auf alteuropäische Vorgaben thematisieren die Romane in 'trivialisierter' Form die Probleme moderner "Exklusionsindividualität" (Luhmann).
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