"Untersuchungshaftvermeidung bei Jugendlichen"
Darstellung anhand des bayerischen Modellprojekts „Spurwechsel“ im Berufsbildungswerk Abensberg
Description:... Das Gespräch mit R. macht deutlich, dass es sich um einen Jugendlichen handelt, welcher nachweislich die sich ihm durch die Herausnahme aus der Untersuchungshaft und die Aufnahme in einer Einrichtung zur Untersuchungshaftvermeidung bietende Chance erkannt und genutzt hat. Auch wenn er aufgrund falscher Vorstellungen von der Einrichtung dort zunächst nicht hinwollte, ist er heute, über ein Jahr nach der Aufnahme, immer noch im BBW in einer Anschlussmaßnahme untergebracht und bemüht sich, sein Leben u.a. durch Wiederaufnahme einer Ausbildung in geordnete Bahnen zu lenken. Auch wenn R. den Zusammenhalt unter den Untersuchungshäftlingen als sehr gut („wie Brüder“) beschrieben hat, so wurde dennoch deutlich, dass er unter der Untersuchungshaft gelitten hat. Mehr als einmal betont er, wie sehr ihm dort die Tatsache zu schaffen gemacht hat, dass er nicht aus dem Fenster schauen konnte. Ebenso stellte die mangelnde Beschäftigung der Jugendlichen im Gefängnis ein Problem dar. Auch das Fehlen von Bezugspersonen, an die sich die Jugendlichen mit ihren Problemen und Sorgen wenden können, sowie eine gewisse „Isolation“ unterscheidet den Vollzug von Untersuchungshaft von der Unterbringung in einer Einrichtung der Jugendhilfe. Auch brachte R. deutlich zum Ausdruck, dass das Leben in der Untersuchungshaftvermeidung „normaler“ gewesen sei. Rückblickend lässt sich feststellen, dass sich das Leben des Jugendlichen durch die Unterbringung im „Spurwechsel“ in positiver Weise verändert hat. R. weiß heute, wie er mit seinen Problemen umgehen kann, ohne diese durch das Begehen etwaiger Straftaten zu kompensieren. Er hat gelernt, mit anderen über diese Probleme zu reden und so eine Lösung zu finden. Seine Pläne für die Zukunft haben sich nicht nur konkretisiert, sondern durch die Bereitstellung eines Ausbildungsplatzes im BBW Abensberg konnte R. seine Zukunftsplanung bereits ein Stück weit verwirklichen. Durch das Angebot verschiedener Anschlussmaßnahmen (wie etwa die Sozialtherapeutische Wohngruppe und das Internat) innerhalb des BBW Abensberg wurde R. auch nach der Entlassung aus der Untersuchungshaftvermeidung nicht einfach mit seinen Problemen in seinem „alten“ Leben allein gelassen, sondern er wird vielmehr nach und nach betreut in die Freiheit und ein „normales“ Leben zurückgeführt. Ihm stehen weiterhin ausgebildete Betreuer zur Seite, die ihm bei seinen alltäglichen Sorgen und Problemen beratend zur Seite stehen. Weiterhin positiv fällt auf, dass R. nach seiner Entlassung aus der Untersuchungshaftvermeidung nicht erneut straffällig geworden ist. Dies mag zum einen an der Tatsache liegen, dass es im Rahmen der Betreuungsangebote an den entsprechenden Möglichkeiten fehlt. Darüber hinaus ist R. auch vorher nur ein einziges Mal straffällig geworden. Dennoch scheint insoweit auch eine Rolle zu spielen, dass er seine Chance erkannt hat und zudem während der Unterbringung anderweitige Lösungsmöglichkeiten für seine Probleme aufgezeigt bekommen hat. Aus diesen Gründen kann bei R. durchaus eine positive Legalprognose gestellt werden. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass sich in R.s Fall die Unterbringung in einer Einrichtung der Jugendhilfe zur Vermeidung von Untersuchungshaft als sehr sinnvolle und in jeder Beziehung der Untersuchungshaft vorzuziehende Maßnahme gezeigt hat. Auch wenn man nicht ausschließen kann, dass R. sein Leben auch bei einem weiteren Verbleib in der Untersuchungshaft wieder in die richtige Bahn gelenkt hätte, so kann dennoch angenommen werden, dass die Unterbringung im „Spurwechsel“ und die daran anschließenden Maßnahme diese positive Entwicklung des Jungen deutlich begünstigt haben.
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